Über unsere Gleitschirmfliegerei sind wir auf die Cote d’Azur aufmerksam geworden. Nun natürlich nicht auf die Gegend an sich, sondern an die Cote d’Azur zur Winterzeit. Im Winter sind in Europa die guten Fluggebiete für Paraglider rar, aber fliegen über Monaco hat man dann schon im Auge. Nicht nur wir haben das im Auge. Zwischen Weihnachten und Neujahr versammelt sich der ganze Gleitschirmfliegerzirkus aus Deutschland und Österreich dort. Einmal haben wir das mitgemacht – Brückentage schinden – dann waren wir das aber so von überdrüssig.
Ein Jahr später sind wir bewusst eine Woche vor Weihnachten an die Küste gereist und fanden was wir suchten: das sagenhafte Winterklima der Mittelmeerküste in der Zeit in der der Massentourismus wo anders ist. Seit damals besuchen wir die Cote d’Azur regelmäßig zu dieser Zeit und lassen die Seele baumeln.
Cote d’Azur
Regelmäßig sind wir zu Gast in Roquebrune Cap Martin, eine halbe Stunde Fussweg von der City von Monaco entfernt.
Die Infrastruktur zum Fliegen in dieser Jahreszeit ist einfach. Zum Berg hoch fährt gleich vom Strand weg ein kleiner öffentlicher Bus zum Startplatz. Ein kleiner Marsch am Mont Gros zum Décollage Parapente Roquebrune-Cap-Martin und das Staunen kann beginnen: vor dem Startplatz liegt das azurblaue Meer, links das Cap Martin und rechts die City von Monaco. Selbst wenn es nicht fliegbar ist, dieser Anblick allein ist schon Grund genug dort hoch zu gehen. Fliegen geht dort Mitte / Ende Dezember noch erstaunlich gut.
Die Sonne steht um die Jahreszeit tief im Südwesten und wärmt die steilen Felsflanken des Mont Gros im optimalem Einfallswinkel auf. Und die lassen dann thermisch warme Luft über 800m hohen Felsen aufsteigen, die wir dann zu fliegen nutzen können. Gelandet wird direkt am Strand von Roquebrune. Man muss sich mit der Landung etwas auseinandersetzen wenn sie gelingen soll. Meist kommt der Wind vom Meer, so dass im Seitenwind gelandet wird und rings um den Strand sorgt der Meerwind für lokale Aufwinde die manche Landeeinteilung zu nichte machen.
Nizza
Nizza ist die fünftgrößte Stadt Frankreichs in dessen Ballungsraum mehr als eine Million Menschen leben. Auch Nizza ist geprägt vom Klima an der Cote d’Azur und wurde wie die gesamte Küste im 19. Jahrhundert als Reiseziel für die Wintermonate entdeckt. Darunter der englische und russische Hochadel.
Das Klima und vor allem das Licht der Cote d’Azur brachte auch zahlreiche bedeutende Künstler in die Stadt. Van Gogh,Chagall, Matisse,Renoir, Picasso und viele anderer lebten und arbeiteten in der Stadt. Zahlreiche Museen zeigen heute hier ihre Werke.
Seit 2013 besuchen wir regelmäßig die Cote d’Azur. Meist in der Vorweihnachtszeit. Und einen Ausflug nach Nizza gehört immer dazu. Vor allem um das Spektakel eines Weihnachtsmarkts unter Palmen zu erleben.
Diese Ausflüge haben sich verändert. Waren sie anfangs noch sehr unbeschwert, hat sich die Stimmung in der Stadt nach den Anschlägen von 2016 und 2020 sehr geändert. Insgesamt 89 Menschen wurden bei islamistischen Anschlägen auf der Promenade des Anglais und der Basilika Notre-Dame-de-l’Assomption getötet, mehr als 400 Menschen wurden verletzt.
Durch die Stadt patrouilliert Militär und Gendamerie, der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen wird überwacht, der ehemals offene Weihnachtsmarkt ist umzäunt, der Zugang nur über elektonische Personenschleusen möglich, das Gepäck wird untersucht. Eigentlich eine schreckliche Vorstellung für einen Besuch in einem Weihnachtsmarkt.
Dennoch oder besser gerade deshalb besuchen wir aber weiter diese Stadt und seine Märkte. Um auch ein Zeichen zu setzten, dass der Terror Einwohner und Besucher nicht abschrecken wird, ihr Leben zu leben.
Die Stadt
Ganz besonders hat sich Menton in der Belle Epoque entwickelt. Wie die gesamte Cote d’Azur profitiert Menton von seiner geographischen Lage. Das Mittelmeer im Süden, dahinter unmittelbar im Norden bis zu 1000m hohe Berge welche die Küste vor den kalten Winden des Nordens schützen und vor allem in den kühlen Jahreszeiten Europas hier ein einzigartiges Mikroklima bilden.Und genau dort liegt Menton.
Zwischen Küste und Meer. Geschützt vor den Unbilden des Wetters. Nahezu frostfrei, die letzten Frosttage waren in 2001, mit einer durchgehenden Luftfeuchtigkeit von etwa 75%. Hier sind die Straßen mit Orangen- und Zitronenbäume am Straßenrand gesäumt. Hier lässt sich leben wenn im Norden der Winter das Regiment übernimmt.
Es waren Engländer, welche für sich dieses Klima zu schätzen lernten und in der kalten und nassen Jahreszeit sich auf den Weg an die Cote d’Azur und Menton machten und nicht selten dort auch blieben. Auch Queen Victoria von England kam. Und mit ihr viele weitere zahlungskräftige Gäste.
Die Stadt entwickelte sich, Hotels wurden gebaut und großzügige Gartenanlagen angelegt. Natürlich im Stil der Zeit, des Belle Epoque.
Einige diese Grandhotels gibt es noch heute und auch noch einige der Gärten von damals.
Der alte Friedhof von Menton
Hoch über der Stadt, ja sogar deutlich höher als die „Basilique de Menton“ liegt der Alte Friedhof der Stadt. Ehemals lag hier die alten Burg der Stadt, das Vieux Château . Diese Burg wurde vollständig geschliffen und dafür der Friedhof errichtet. Auf verschiedenen Ebenen liegen neben den einheimischen Stadtbewohner auch zahlreiche Immigranten begraben. Allen voran Engländer, aber auch Russen, Deutsche und Polen.
Sie alle haben eine spektakuläre Ruhestätte gefunden. Hoch über der Stadt geht der Blick der Besucher über die Bucht von Menton, von der italienischen Küste im Osten bis zum Blick auf Monaco im Osten.
Der botanische Garten von Menton
Auch der Jardin Botanique Val Rameh führt zurück ins 19. Jahrhundert und in die Zeit der englischen Immigranten. Der Gouverneur von Malta, Lord Percy Redcliff und seine Frau Rahmeh Theodora Swinburne kauften sich in Menton ein Gut und legten damit den Grundstein für diesen Garten, der nach dem Namen seiner Frau Rameh benannt wurde.
In Folge erwarb eine weitere Engländerin, Miss Maybud Campbell Anwesen und Garten und vergrößerte den Garten durch Ankauf auf seine heutige Größe von über einem Hektar. 1966 verkaufte sie das Anwesen dem französischen Staat, der den Garten öffentlich zugänglich machte.
Es ist schwer zu beschreiben, was dieser in Terrassen gegliederte Garten für eine Pflanzenpracht aus aller Welt beheimatet. Man muss ihn besucht haben! Schmale Themenwege schlängeln sich durch die Terrassen, zahlreiche Info-Point widmen sich einzelnen Pflanzen und Gruppen. Gegen eine geringe Gebühr ist ein Audioguide erhältlicher. Er führt den Besucher durch den Garten und seine Schätze. Und man muss viel Zeit für den Besuch einplanen.